Wie gefährlich können Stürze im Alter sein?
Fachthemen
Wie gefährlich können Stürze im Alter sein?
Ein gewisses Risiko, zu stürzen, besteht in jedem Alter. Oft sind es sportliche Betätigungen oder schlichtweg Unachtsamkeit im Alltag, die zum Fallen führen. Zu diesem alltäglichen Risiko gesellen sich Stürze, die geschehen, weil die Fähigkeit verloren geht, sie zu vermeiden. Das ist nicht selten bei älteren Personen der Fall. Stürze im Alter können teils schwere Folgen nach sich ziehen.
Verunfallen Schweizerinnen und Schweizer im Alter von über 65 Jahren, ist in acht von zehn Fällen ein Sturz die Ursache. Jeder zweite dieser Stürze ereignet sich in den eigenen vier Wänden. Schuld sind hier nicht etwa klassische Stolperfallen wie Türschwellen oder heruntergefallene Gegenstände. Die meisten Stürze passieren auf ebenem Boden, meist während des Gehens.
Welche Gründe für Stürze im Alter gibt es?
Es gibt zahlreiche Gründe, warum sich das Risiko, zu stürzen, im Alter erhöhen kann. Möglich ist unter anderem eine Abnahme der Sehkraft, beispielsweise aufgrund von Grauem oder Grünem Star oder einer altersbedingten Netzhautdegeneration. Die Folge können unscharfes Sehen, ein eingeschränktes Sichtfeld und Störungen der Hell-Dunkel-Wahrnehmung sein. Kleine Stolperfallen werden dann häufiger übersehen.
Das Gehör spielt ebenfalls eine bedeutende Rolle. Rund jede dritte Schweizerin und jeder dritte Schweizer über 65 ist schwerhörig. Bereits eine geringe Schwerhörigkeit erhöht das Sturzrisiko um das Dreifache. Grund dafür ist, dass deutlich mehr Gehirnzellen angesprochen werden, um die Hörprobleme auszugleichen. Diese sind so nicht mehr für andere Aufgaben wie das Ermöglichen eines sicheren Gangs verfügbar.
Auch die kognitiven Fähigkeiten können abnehmen. Wird während des Gehens gesprochen oder die Umgebung betrachtet, wird die unter Umständen bereits beeinträchtigte Konzentrationsfähigkeit geteilt. Es kann deutlich schneller zum Sturz kommen.
Ein unregelmässiger Gang gehört ebenfalls zu den Hauptursachen für Stürze im Alter. Schon kleine Abweichungen der Schrittlänge können das Risiko deutlich erhöhen. Bereits eine Schwankung von 1.7 Zentimetern verdoppelt die Sturzgefahr. Während jüngere Personen diese Abweichungen oft noch problemlos ausbalancieren können, bereitet dies mit steigendem Alter erheblich mehr Mühe.
Nicht selten stürzen Betroffene, da sie das Gleichgewicht nicht mehr zu halten vermögen oder ein Schwindelgefühl plötzlich auftritt. Rund 30 Prozent der Schweizerinnen und Schweizer geben an, dass ihnen regelmässig schwindelig wird. Jede zweite Person über 70 erleidet sogar mindestens einen Schwindelanfall im Jahr. Dies oftmals als Folge einer altersbedingten Störung des Gleichgewichtorgans.
Welche Auswirkungen haben Stürze im Alter?
Älteren Personen gelingt es je nach individueller körperlicher Verfassung nicht immer, die Balance zu halten. Die Folge kann ein erhöhtes Sturzrisiko sein. Kommt es dann tatsächlich zu einem Sturz, reagiert der Körper mit gewissen Schutzmassnahmen. Doch auch diese können im Alter beeinträchtigt sein. Damit steigt die Gefahr, dass schmerzhafte Folgen auftreten, darunter:
- Prellungen
- Verstauchungen
- Frakturen
- Wunden
- schlimmstenfalls das Ableben
Mit Glück dämpft ein sanfter Untergrund wie ein weicher Bodenbelag zu Hause oder eine Wiese im Freien den Sturz ab. Doch bei älteren Personen nützt das oft nur noch wenig.
Etwa ab dem 40. Lebensjahr baut sich die Knochenmasse des Menschen langsam ab. Der Durchschnitt liegt bei einem Verlust von rund einem Prozent im Jahr. Je älter ein Mensch wird, desto poröser werden also auch seine Knochen und das Verletzungsrisiko bei Stürzen steigt.
Kommt es dann noch zu einem Ungleichgewicht im Knochenstoffwechsel, beschleunigt sich dieser Abbau. Osteoporose entsteht und die Knochen verlieren zusätzlich an Festigkeit. Dieser Prozess verläuft vollkommen schmerzfrei. Deshalb wird die Diagnose oft erst dann gestellt, wenn es infolgedessen bereits zu einer Verletzung gekommen ist.
Etwa 20 Prozent der Schweizerinnen und sieben Prozent der Schweizer im Alter über 50 sind von Osteoporose betroffen. Ihr Risiko, sich bei einem Sturz schwerwiegende Verletzungen zuzuziehen, ist deutlich erhöht.
Nicht zu vergessen ist, dass die Knochen älterer Personen nicht nur schneller Schaden nehmen können. Sie benötigen auch deutlich mehr Zeit, um zu heilen. Vor allem Frakturen im Hüftbereich sind fatal. Zu erwähnen ist hier vor allem der Oberschenkelhalsbruch, der zu den häufigsten Brüchen in hohem Alter zählt.
Etwa jede dritte Person, die eine derartige Fraktur erleidet, kann im Anschluss nicht nach Hause zurückkehren. Rund ein Drittel der übrigen Personen ist fortan auf eine Gehhilfe angewiesen. Ein Sturz im Alter kann demnach das Ende der Selbstständigkeit im Alltag bedeuten.
Folgen eines Sturzes auf psychischer Ebene
Stürze können auch psychische Folgen nach sich ziehen. Möglicherweise verlieren die betroffenen Personen das Vertrauen in ihren eigenen Körper. Sie fühlen sich unsicher, sobald sie ihr Zuhause verlassen, und isolieren sich möglicherweise.
Unter Umständen schränken sie sich sogar selbst in ihrer Mobilität in den eigenen vier Wänden ein. Diese Inaktivität wirkt sich wiederum negativ auf den Bewegungsapparat und die Stärke der Muskeln aus. Auf diese Weise erhöht sich das Verletzungsrisiko bei einem Sturz zusätzlich und ein Teufelskreis beginnt.
Die Muskelkraft nimmt mit steigendem Alter ohnehin ab, weshalb es wichtig ist, diesen Prozess nicht durch eigene Inaktivität zu beschleunigen. Der Abbau beginnt etwa ab dem 50. Lebensjahr und beträgt rund ein bis zwei Prozent jährlich.
Welche Interventionsmöglichkeiten zur Prophylaxe von Stürzen im Alter gibt es in der Spitex?
Die Sturzprophylaxe hat massgeblichen Einfluss auf die Lebensqualität der Klientinnen und Klienten. Denkbar sind unter anderem:
- Umgebungsanpassungen
- Tragen spezieller Schuhe
- Verwendung von Hilfsmitteln im Alltag wie Gehhilfen
- Fördern von Kraft und Balance im Rahmen spezieller Kurse
Es ist Aufgabe der Pflegefachkräfte der Spitex, sich das notwendige Wissen anzueignen, um Klientinnen und Klienten umfassend zu beraten. Sie benötigen die Expertise, Personen mit einem erhöhten Sturzrisiko zu erkennen und die passenden Interventionen einzuleiten.
Bei Bedarf fordern sie weitere notwendige Strukturen ein und begründen diese fachlich. Daraus ergibt sich eine berufsgruppenübergreifende Zusammenarbeit, beispielsweise mit Fachärzten und Fachärztinnen oder Therapeutinnen und Therapeuten. Sie ist unabdingbar für ein effektives Interventionsangebot. Alle Beteiligten vereinbaren dann eine gemeinsame Vorgehensweise auf Grundlage geltender Leitlinien und Standards.
Ein Einblick in die Kampagne StoppSturz
Das Projekt StoppSturz ist interprofessionell und überkantonal. Es verfolgt das Ziel, eine qualitativ hochstehende Sturzprävention für Personengruppen mit erhöhtem Risiko zu etablieren. Dies erfolgt in enger Zusammenarbeit mit den Fachkräften der Spitex-Organisationen.
Erkennen die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter gewisse Alarmzeichen für ein erhöhtes Sturzrisiko bei einer Klientin oder einem Klienten, folgt eine Risikoeinschätzung. Diese führen sie auf Grundlage des klinischen Bildes sowie der eigenen pflegerischen Erfahrung durch. Die Fachkräfte ordnen das individuelle Risiko in ein Ampelsystem ein, das aufzeigt, welche weiterführenden Massnahmen notwendig sind.
Bei geringem Sturzrisiko sieht StoppSturz keine weiteren Abklärungen vor. Denkbar sind sturzpräventive Bewegungsangebote, die Gangsicherheit, Gleichgewicht und Kraft trainieren.
Bei einem moderaten Risiko führen die Fachkräfte dagegen eine Sturzanamnese durch. Auf diese Weise decken sie die Ursachen sowie individuelle Risikofaktoren auf. Dementsprechend können passende Massnahmen zur Verringerung des Risikos getroffen werden.
Besteht ein hohes Sturzrisiko, dann wird neben der Anamnese ein zusätzliches multifaktorielles Assessment durchgeführt. Beide Schritte ergeben ein umfassendes pflegerisches Bild der Klientinnen und Klienten und Folgemassnahmen können besonders individuell ausgerichtet werden.
Sie möchten mehr über die Spitex-Arbeit bei erhöhtem Sturzrisiko erfahren? Oder sind Sie noch auf der Suche nach der passenden Organisation? Dann nehmen Sie gern Kontakt mit uns auf.