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Never Events in Spitex und Pflegeheim

Fachthemen

Never Events in Spitex und Pflegeheim

Medizinische Behandlungen gehen stets mit einem gewissen Risiko einher. Die Gefahr, dass Fehler passieren, kann zwar minimiert, aber nie vollständig eliminiert werden. In der Regel ist es möglich, sie wieder zu beheben, ohne dass die betroffenen Patientinnen und Patienten Schäden davontragen. Doch es gibt auch besonders schwerwiegende Ereignisse, bei denen diese Möglichkeit nicht besteht: bei Never Events in der Spitex oder in Pflegeheimen.

Dabei handelt es sich um medizinische Fehler, die den Patientinnen und Patienten massiv schaden oder gar zum Tod führen. Diese Vorkommnisse sind um jeden Preis zu verhindern. Werden entsprechende Massnahmen umgesetzt, sind sie durchaus vermeidbar. Deshalb ist das Auftreten derartiger Ereignisse stets ein wichtiger Hinweis auf Schwachstellen von Präventionsmassnahmen. Im Anschluss sollten also unbedingt systemorientierte Ursachen-Wirkungs-Analysen durchgeführt werden.

Welche Never Events können in Spitälern auftreten?

In der Schweiz sind Never Events bislang lediglich für Spitäler definiert und publiziert worden. An dieser Stelle möchten wir Ihnen zum besseren Verständnis einige wichtige Beispiele aus der aktuellen Liste vorstellen:

  • Eingriffsverwechslung
  • Implantation eines falschen Medizinprodukts
  • unbeabsichtigtes Belassen von Fremdkörpern
  • Verlust von biologischem Material
  • Schädigung durch Patientenfixierung

Ein Einblick in beispielhafte Never Events

Eine Eingriffsverwechslung liegt unter anderem dann vor, wenn eine Intervention am falschen Eingriffsort vorgenommen wird. Beispielhaft ist eine Seitenverwechslung der Extremitäten oder der paarig angeordneten Organe. Auch Eingriffe an der falschen Patientin oder am falschen Patienten aufgrund von Verwechslungen sind zu erwähnen.

Stehen Transplantationen an, dann besteht die Gefahr, dass das dafür vorgesehene Gewebe verwechselt wird. Die Patientin oder der Patient könnte also beispielsweise das Knochenmark eines unpassenden Spenders erhalten. Wurde hingegen ein Herzschrittmacher, eine Gelenkprothese, Arzneimittelpumpen oder Ähnliches irrtümlich eingesetzt, dann wurde eine Transplantation des falschen Medizinprodukts vollzogen.

Verbleiben nach Operationen noch Nadeln, Tupfer, Kanülen oder andere Hilfsmittel im Körper, ist die Rede vom unbeabsichtigten Belassen von Fremdkörpern. Die Wunde wurde also schon verschlossen, obwohl sich noch medizinische Gegenstände darin befinden. Diese müssen so schnell wie möglich entfernt werden.

In einigen medizinischen Fällen ist es notwendig, Gewebeproben zu diagnostischen Zwecken zu entnehmen oder organische Transplantate vorzubereiten. Gehen diese verloren, liegt ganz klar ein Never Event vor: der Verlust von biologischem Material.

Das wäre beispielsweise der Fall, wenn ein verdächtiger Leberfleck entfernt wurde. Dieser wird normalerweise ins Labor geschickt, damit geprüft werden kann, ob es sich dabei um ein Melanom handelt. Geht die Gewebeprobe aber verloren, verliert die Patientin oder der Patient wertvolle Zeit im Kampf gegen eine mögliche Krebserkrankung.

In gewissen medizinischen Fällen verlieren Patientinnen und Patienten die Kontrolle über den eigenen Körper oder bestimmte Gliedmassen. Dazu kann es beispielsweise bei einem epileptischen Schock oder einer stark ausgeprägten Panikattacke kommen. Um die Sicherheit der Person selbst und aller weiteren Anwesenden zu gewährleisten, können Patientengurte zum Einsatz kommen.

Werden diese deutlich zu fest gezogen, kann sich die Patientin oder der Patient Verletzungen zuziehen. Im schlimmsten Fall verstirbt die Person aufgrund von Strangulation. In derartigen Fällen liegt eine Schädigung durch Patientenfixierung vor.

Was sind Never Events in der Spitex und in Pflegeheimen?

Es ist kein Geheimnis, dass in zahlreichen Ländern ein ernstzunehmender Fachkräftemangel in der Pflege herrscht. Das gilt auch für die Schweiz. Pflegekräfte müssen immer mehr Patientinnen und Patienten auf einmal betreuen. Damit haben sie kaum noch eine Chance, sich ihnen so intensiv zu widmen, wie sie es gern würden.

In der kurzen Zeit, die ihnen pro Patient zur Verfügung steht, jede noch so kleine Veränderung wahrzunehmen, ist nicht leicht. Umso wichtiger ist es, eine Übersicht zu schaffen, welche Ereignisse als Never Event einzuordnen sind. Ergänzende Massnahmen, wie diese auch unter starkem Zeitdruck vermieden werden können, sind dabei ebenfalls essenziell.

Bisher existiert noch keine offizielle Liste für Never Events in der Spitex und in Pflegeheimen. Dennoch gibt es durchaus einige Ereignisse, die definitiv auf einer solchen Liste Erwähnung finden sollten. Dazu gehören unter anderem Verletzungen oder gar Todesfälle aufgrund von:

  • frühzeitiger Beendigung der Betreuung von Patientinnen und Patienten, die ihren Willen nicht äussern können, ohne Absprache mit ihren gesetzlichen Vertretern
  • unbemerktem Verschwinden eines Bewohners oder einer Bewohnerin aus dem Pflegeheim
  • fehlerhafter Medikamentengabe in Bezug auf Dosierung, Zeitpunkt oder Verabreichungsform
  • zu grobem physischen Verhalten gegenüber Patientinnen und Patienten

Derartige Zwischenfälle sind in den meisten Fällen vermeidbar. Mitarbeitende von Spitex-Organisationen und Pflegeheimen sowie Ärztinnen und Ärzte sind deshalb daran interessiert, bestehende Risiken frühzeitig zu erkennen. Eine vielversprechende Massnahme zu diesem Zweck ist das Critical Incident Reporting System, kurz: CIRS.

Wie kann CIRS das Vorkommen von Never Events in der Spitex und anderen Einrichtungen minimieren?

Bei CIRS handelt es sich um ein Fehlermeldesystem, das freiwillig und anonym genutzt werden kann. Mitarbeitende im Gesundheitswesen informieren auf diesem Weg über kritische Ereignisse und Schäden, die beinahe entstanden wären. Damit tragen sie massgeblich zu einem besseren Verständnis der Ursachen bei.

Nach der Meldung findet eine Erstbeurteilung und Analyse durch CIRS-Verantwortliche statt. Im Anschluss geben sie der meldenden Person entsprechendes Feedback. Diese Informationen sind von äusserst hohem Wert, denn sie bergen ein enormes Präventionspotenzial bezüglich Never Events.

Bisher wurden derartige Ereignisse kaum je offiziell gemeldet, da schlichtweg niemand danach gefragt hat. Zudem besteht aktuell kein juristischer Schutz für Systeme wie CIRS. Diese Unsicherheit hält zahlreiche Mitarbeitende des Gesundheitssystems davon ab, über eigene Fehler zu sprechen, auch wenn sie unbeabsichtigt unterlaufen sind.

Bevor sich Fehlermeldesysteme wie CIRS vollständig etablieren können, ist also für eine entsprechende juristische Absicherung zu sorgen. So wird sichergestellt, dass die betroffenen Institutionen und ihre Mitarbeitenden nicht fürchten müssen, an den Pranger gestellt zu werden. Schliesslich steht das Verhindern fataler Fehler im Vordergrund.

Welche Vorteile bietet CIRS?

Dank CIRS ist es möglich, produktiv mit Fehlern umzugehen. Kommt eine Patientin oder ein Patient zu Schaden oder verstirbt sogar, ist das unglaublich tragisch. Doch noch tragischer wäre es, nichts aus der Situation zu lernen und fahrlässig zuzulassen, dass sich der Fehler wiederholt. Anhand der Informationen, die mithilfe von CIRS gesammelt werden können, lassen sich Lernsequenzen und Weiterbildungen zielführend planen.

Ein Beispiel eines praxisnahen, einfach zu bedienenden CIRS mit den erwähnten Funktionen findet sich hier.

Never Events im Keim ersticken

Eine Sache steht fest: Allfällige Akteure im Gesundheitswesen sollten alles dafür tun, Never Events bestenfalls vollständig zu eliminieren. Ein reger Austausch über diese Ereignisse ist zu diesem Zweck unabdingbar. Doch wer spricht schon gern über die eigenen Fehler – vor allem dann, wenn sie fatale Folgen nach sich zogen?

Eine Absicherung ist also gefragt, bei der es sich einerseits um Anonymität und andererseits um juristischen Schutz handeln kann. Fehlermeldesysteme wie CIRS bieten zumindest die Möglichkeit, Fehler anonym zu teilen. In Sachen Rechtsprechung ist dagegen noch ein weiter Weg zu gehen.

Auch wir von OPAN® befürworten den Austausch über Never Events in der Spitex und im Pflegeheim. Denn nur so wird eine erhöhte Sicherheit der Patientinnen und Patienten erreicht. Möchten Sie gern mehr über diesen Sachverhalt erfahren? Haben Sie Ideen zu weiteren Never Events in Spitex oder Pflegeheim? Haben Sie Interesse, ggf. am Erstellen einer solchen Liste mitzuwirken und Ihre Erfahrungen einzubringen? Dann melden Sie sich bitte über support@opanspitex.ch oder support@opanhome.ch.